Retrospektive und Blick in die Zukunft
Wir befinden uns inmitten der Off-Season, die Playoffs der vergangenen Spielzeit liegen bereits einige Wochen zurück. Für die Fans des BBC ist es noch eine lange Durststrecke, bis im Herbst der Spielbetrieb wieder aufgenommen wird. Im Hintergrund ist die heiße Phase zur Weichenstellung für die kommende Saison aber bereits voll im Gange. Vor einigen Tagen konnte bereits die Wiederverpflichtung dreier Leistungsträger bestätigt werden: Jannis Sonnefeld, Tyreese Blunt und Leon Bulic werden auch 2022/23 für Coburg in der Pro B auflaufen. Und auch auf der Trainerbank bleibt alles beim Alten. Der BBC freut sich, auch die kommende Saison mit Jessie Miller als Cheftrainerin bestreiten zu können. Aus diesem Anlass haben wir uns Jessie noch einmal zur Seite genommen und mit ihr über darüber geredet, wie sie die vergangene Saison emotional erlebt hat.
Hey Jessie, schön dass du dir Zeit genommen hast und schön, dass du auch in der kommenden Saison wieder dabei bist! Du hast das Team im Herbst 2021 übernommen, nachdem es vier Niederlagen in Folge eingefahren hatte. Wie war dein Ansatz, was wolltest du anders machen?
Jessie Miller: Ich denke, der BBC wollte mit meiner Verpflichtung für frischen Wind sorgen und dem Team wieder Selbstvertrauen einhauchen. Für mich war es wichtig, mit dem Team zu den Basics zurückzukehren, weil da meiner Ansicht nach einiges gefehlt hat. Während meiner ersten Trainingseinheit mit den Jungs haben wir deswegen viel 1-gegen-1, 2-gegen-2 und 3-gegen-3 gespielt, um Ihnen zu zeigen, dass die Details sind, die uns dorthin bringen wohin wir wollen. Das können wir nicht überspringen. Wir mussten defensiv als Team zusammenrücken und offensiv besser organisiert sein und Automatismen etablieren.
Lange Durststrecke vor erstem Sieg
Das erste Spiel mit dir auf der Bank war bei der knappen Niederlage in Karlsruhe am 13. November letzten Jahres. Man konnte da gleich einige Änderungen in der Rotation feststellen.
Jessie Miller: Immer wenn ein neuer Coach übernimmt, besteht die Chance für die Jungs, sich neu zu beweisen und ins Spiel zu bringen. Dieser Konkurrenzkampf im Team wirkt sich auch positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit aus – und genau das wollte ich. Ich habe ihnen also gesagt, dass nichts sicher ist. Wer bis dahin in der Starting Five stand, war es nicht automatisch auch unter meiner Regie. Das Ziel für die Saison sollte also speziell für die Youngster sein, ein Stück in der Leiter nach oben zu klettern und seine Minuten auf dem Feld zu erhöhen.
Nachdem du das Team übernommen hattest, konnte man schon eine andere Körpersprache der Jungs auf dem Feld erkennen. Bis ihr dann aber den ersten Sieg unter deiner Führung einfahren konnten, dauerte es noch gut einen Monat. Viele Spiele habt ihr knapp verloren. Kamen während dieser Durststrecke Zweifel in dir und im Team hoch?
Jessie Miller: Das gehört eben auch manchmal dazu. Es war deswegen sehr wichtig, dass die Jungs dem Prozess des Wachsens vertraut haben. Der Erfolg stellt sich nicht immer unmittelbar ein. Oft waren es auch nur wenige Punkte, die zum Sieg fehlten. Aber so ist es im Basketball nun einmal. In Speyer haben wir im letzten Angriff das Spiel für uns entschieden. Ich denke, es war sehr wichtig für uns, uns von der Last auf unseren Schultern zu befreien. Von da an konnten wir befreit durchatmen und weiter zusammenwachsen.
Im darauffolgenden Spiel haben wir dann Frankfurt geschlagen. Leider haben wir Ende des Jahres auch ein schwaches Spiel in München beim Tabellenletzten abgeliefert, aber das war vielleicht auch ein Wachrüttler zur richtigen Zeit, der uns gezeigt hat, dass nicht alles perfekt laufen würde, nur weil wir ein paar Spiele gewonnen hatten. In dieser Liga ist jeder schlagbar, wenn er nicht sein Bestes gibt. Deswegen war diese Niederlage auch ein wichtiger Moment für uns.
Jahreswechsel als Wendepunkt
Ein Wendepunkt in der Saison war dann nach dem Jahreswechsel die Partie gegen Koblenz Anfang Januar. Nach wenigen Sekunden im Spiel zog sich Kapitän Chris Wolf eine Verletzung zu, die die Saison für ihn beendete. Wie schwer war der Verlust für das Team?
Jessie Miller: Man kann nicht genug Positives über Chris sagen. Er ist der Kapitän und auch der Leader unseres Teams, er bringt die Leidenschaft mit, die man einfach lieben muss. Und er eine Wettbewerbsfähigkeit, er will alles tun, um nicht zu verlieren. Deswegen muss man ihn als Coach lieben, aber er ist auch privat ein klasse Typ. Für das Team war sein Ausfall natürlich schwer zu verkraften und sie mussten sich darauf einstellen. Normalerweise ist Chris derjenige, der den anderen wieder auf die Beine hilft und sie aufbaut. Das Team nahm seine Verletzung dann aber zum Anlass, sich zusammen zu raufen und für Chris noch eine Schippe drauf zu packen. Und ich finde, die Jungs haben das gut hinbekommen!
Neuzugänge brachten frischen Wind
Im darauffolgenden Spiel kamen dann zwei Verstärkungen ins Team, Joaquin Carrasco und Nico Wolf. Beide hatten einen super Einstand und ihr habt prompt einen Sieg aus Ulm mitgebracht. Wie wichtig war der Beitrag, den die beiden von da an leisteten?
Jessie Miller: Joaquin war als erfahrener Point Guard sehr wichtig für uns, um unserer jungen Mannschaft Organisation und Abgeklärtheit zu verschaffen. Zuvor ist es uns in Situationen, die spielentscheidend waren, oft schwer gefallen, die Kontrolle zu übernehmen. Joaquin will auf den Court gehen und seine Mitspieler mitreißen. Er will auch dabei helfen, seine Mitspieler weiter zu entwickeln. Ähnlich wie Chris hat auch er diesen kompetitiven Geist, er will nicht verlieren.
Und deswegen war Joaquin in diesem Sinne ein wichtiger Ersatz für ihn. Und dann natürlich Nico: genau wie sein Bruder mag auch er nicht verlieren. Er bringt auch diesen Wettbewerbsgeist mit und durch seine vielen Punkte hat er uns auch offensiv auf ein neues Level gehoben. Die beiden haben uns als Team noch schlagkräftiger gemacht und mit dem Sieg in Ulm haben wir uns gefragt: wenn wir so ein Spiel gewinnen können, können wir dann nicht Jeden schlagen? Wenn wir dieses Energielevel mitbringen und bereit sind, hart zu arbeiten und als Team zu wachsen, können wir etwas bewegen. Von da an starteten wir einen Lauf.
Es lief in der Rückrunde
Genau. Ihr habt vier Siege hintereinander eingefahren. In der Rückrunde waren es insgesamt sieben Siege aus elf Spielen. In der Hinrunde waren es nur drei Siege. Mit dieser starken Performance in der Rückrunde konntet ihr den Playoff-Einzug zementieren. Gegen die haushohen Favoriten aus Wolmirstedt, die anschließend bis ins Halbfinale kamen, habt ihr dann eine solide Leistung abgeliefert und beide Spiele nur knapp verloren. Wie bitter war es dennoch, nicht die nächste Runde erreicht zu haben?
Jessie Miller: Nach dem Sieg im letzten Heimspiel gegen München war klar, dass wir in den Playoffs stehen würden und das ausgemachte Saisonziel erreicht hatten. Aber schon nach dem Spiel in der Kabine haben wir uns gesagt, dass wir mehr wollen, wir wollten in die nächste Runde einziehen. Wolmirstedt hatte zudem Probleme mit Corona und ein oder zwei Spieler, die nicht spielen konnten. Dadurch wurde auch die Reihenfolge der Austragungsorte verändert, sodass wir zuerst zu Hause angetreten sind.
Es wäre sehr wichtig gewesen, das Heimspiel zu gewinnen. Im Auswärtsspiel haben wir eine solide Leistung gezeigt und ein Team, das größer und erfahrener als wir ist, am Rande der Niederlage gehabt. Wir saßen dann im Bus auf dem Nachhauseweg und konnten nicht glauben, dass die Saison jetzt zu Ende sein sollte. Wir wünschten, wir hätten mehr Zeit gehabt. Es ist immer noch bitter darüber zu reden.
Nichtsdestotrotz geht der Blick nun in die Zukunft. Mit Jannis Sonnefeld, Tyreese Blunt und Leon Bulic konnten schon drei wichtige Spieler für die kommende Saison bestätigt werden. Was habt ihr euch für die nächste Spielzeit vorgenommen?
„Wollen Perspektive haben, in die Pro A aufzusteigen“
Jessie Miller: Wir werden versuchen, dort weiterzumachen, wo wir aufgehört haben. Wir versuchen den Kern des Teams zusammenzuhalten, um nicht wieder von vorne anfangen zu müssen. Das Ziel ist natürlich wieder in die Playoffs zu kommen und dann die erste Runde zu überstehen. Wir wollen aber auch die Perspektive haben, in die Pro A aufzusteigen, wenn sich die Möglichkeit ergibt. Wenn wir uns personell gut aufstellen und und den Aufstieg schaffen, wäre das für unsere Kooperation mit Brose Bamberg auch ideal. Jetzt zählt es, den Grundstein dafür zu legen. Wir wollen an Weihnachten nicht wieder im Tabellenkeller stehen. Wir wollen eher in die Spur finden und konstanter spielen.